Profil

Fachbereich Architektur- und Baugeschichte
Das Fachgebiet Bau- und Architekturgeschichte befasst sich mit der analytischen Erfassung der treibenden Kräfte und bedingenden Faktoren, die den Wandel von Gebäuden und Städten in der Zeit bestimmt haben. Unser Ansatz geht vom Verständnis von Architektur und Städtebau als Gebiete einer zugleich materiellen wie kulturellen Produktion aus. Zum einen hat Baugeschichte die konkreten Bedingungen zu berücksichtigen, die etwa durch den Ort vorgegeben werden, sowie die Art und Weise in der etwa stoffliche, klimatische oder biologische Determinismen einen Beitrag zu den komplexen kulturellen Konstruktionen der Architektur leisten. Gleichzeitig befasst sich die Architekturgeschichte mit Phänomenen des kulturellen Austausches – etwa technischer, wirtschaftlicher oder sozialer Natur –, die einen vergleichsweise abstrakten aber nicht weniger fruchtbaren Ansatz bieten. Bei unserer vergleichenden und verbindenden Erfassung historischer Entwicklungen verfolgen wir eine Kombination beider Ansätze. Die aus ihren Wechselwirkungen gewonnenen Erkenntnisse sollen in einen lebendigen Zusammenhang mit der Gegenwart gebracht werden und darüber hinaus als kulturelle Referenzen zur Entwicklung von zukunftsorientierten Entwurfsgedanken beitragen. Unsere Befragung der Vergangenheit erfolgt aus der Gegenwart und ihren Problemen heraus. Daher widmen wir uns in Lehre und Forschung aktuell einer Umweltgeschichte der Architektur und des Städtebaus. Mit ihr geht eine quantitative Ausweitung der Bau- und Architekturgeschichte einher, vor allem aber auch ein qualitativer Sprung in der Betrachtung zugunsten einer performativen Erfassung, der ein grundlegendes Verständnis von Architektur als Umwelttechnik und Umweltkultur vorausgeht. In Zeiten einer schwindenden Natur lohnt es sich zweifelsohne der Frage nachzugehen, in welcher Weise Gebäude und urbane Strukturen von jeher zum Fortbestand des Lebens beigetragen haben.
 

Geschichte des Fachgebietes

Das ehemalige Fachgebiet Baugeschichte (bis 2018) wurde am heutigen Karlsruher Institut für Technologie KIT, ehemals Universität Karlsruhe (TH), bereits seit der Integration der früheren Bauschule Friedrich Weinbrenners in das 1825 gegründete Polytechnicum gelehrt und bedeutende Beiträge zur baugeschichtlichen Forschung wurden dabei von den Architekturlehrern der Fakultät geleistet. Hierzu zählen im einzelnen: Heinrich Hübsch (1832-54), der Bauaufnahmen zum frühchristlichen und byzantinischen Kirchenbau anfertigte, Friedrich Eisenlohr (1832-53), der mit Bauaufnahmen unter anderem vom Kloster Maulbronn beginnt. Joseph Durm (1868-1919) trat als Herausgeber des Handbuches der Architektur mit eigenen Bänden zur Architektur der Etrusker und der Römer und zur Architektur der Renaissance in Erscheinung und Friedrich Ostendorf (1907-15) durch Die Geschichte des Dachwerks (1908).

Im Jahre 1868 erfolgte die Einrichtung eines Lehrstuhls für Kunstgeschichte, eine der ersten ordentlichen Professuren für Kunstgeschichte an einer deutschen Technischen Hochschule. Zu den bedeutendsten Vertretern des Fachs in dieser Epoche zählt der durch seine mehrbändige Geschichte der Architektur bekannte Wilhelm Lübke (1884-93).

In den Jahren 1920-48 vertrat Karl Wulzinger den Lehrstuhl für Bau- und Kunstgeschichte. Seine Forschungsschwerpunkte waren: zusammen mit Armin von Gerkan Arbeiten in Milet und zusammen mit Carl Watzinger Forschungen zu Damaskus und dem Vorderen Orient. Wulzinger war 1926 Gründungsmitglied der Koldewey-Gesellschaft.

Unter Arnold Tschira (1950-69) bestand erstmals ein separater Lehrstuhl für Baugeschichte neben dem Lehrstuhl für Kunstgeschichte. Seine Forschungsschwerpunkte waren: Spätantike Rundbauten in Rom und Latium, Forschungen am Fundament des Parthenon, Bauforschung an der Kirche der ehem. Benediktinerabtei Schwarzach und die Durchführung der Rekonstruktion des mittelalterlichen Bauzustandes.

Von 1971 bis 2002 hielt Wulf Schirmer den Lehrstuhl inne, dessen wissenschaftlichen Interessen sich auf die archäologische Bauforschung in der Türkei konzentrierten, daneben aber auch Forschungen zum Castel del Monte, zu Friedrich Weinbrenner und seinen Schülern sowie zum Werk von Egon Eiermann umfassten. Aus der Plansammlung des Instituts entstand 1989 das Südwestdeutsche Archiv für Architektur und Ingenieurbau (saai) als eine eigenständige Forschungseinrichtung der Universität.

Von 2005 bis 2018 vertrat Johann Josef Böker das Fach. Seine Forschungsschwerpunkte umfassten die Architekturgeschichte vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert. In seinem Lehrprogramm vertrat das Institut für Baugeschichte in interdisziplinärer Form die Geschichte der Architektur von der Antike bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Eine besondere Bedeutung kam dabei dem Fach Bauaufnahme zu, in dem die zeichnerische Erfassung eines historischen Bauwerks in praktischer Form geübt wurde.